---- UPDATE ---- UPDATE ---- UPDATE ---- 16. März 2020: Nach den jüngsten Entwicklungen sind aktuell keine neuen Betriebsschließungs-Versicherungen für Corona-Risiken mehr abschließbar. Auch für Gewerbekunden aus Einzelhandel, Hotellerie oder die Dienstleistungsbranche stellen die Versicherer keine Kapazitäten mehr zur Verfügung.
Hamburg, 09.03.2020 – Die Risiken rund um das Corona-Virus werfen derzeit auch Fragen zum (Unternehmens-)Versicherungsschutz auf. Wir sprechen mit GGW Geschäftsführer und Vertriebsleiter Thorsten Gerckens über die aktuelle Situation, mögliche Versicherungslösungen und die Rolle des Risikomanagements.
Herr Gerckens, steigende Fälle von Corona-Virus auch in Europa rufen nach der Absicherung von Ausfallschäden durch Pandemie-Risiken. Wie stellt sich die Lage am Versicherungsmarkt dar?Thorsten Gerckens (im Folgenden T. G.): Es gibt bislang keine reine Stand-alone-Versicherungslösung für die Absicherung von Betriebsunterbrechungsrisiken. Sie ist in der Regel immer an eine Sachversicherung gebunden. Die leistet aber nur Ersatz, wenn ein direkter, physischer Schaden am betroffenen Standort durch eine vorher im Versicherungsvertrag benannte Gefahr entstanden ist. Im Falle des Sachschadens würde dann auch eine Betriebsunterbrechungs-Versicherung greifen. Selbst wenn im Versicherungsvertrag Schutz gegen so genannte unbenannte Gefahren vereinbart ist, müssen diese zuvor einen Sachschaden verursacht haben.
Das bedeutet, die Unterbrechungsdeckung greift nicht aufgrund eines fehlenden Sachschadens. Gilt das auch für so genannte Rückwirkungsschäden?T. G.: Auch Rückwirkungsschäden in der Lieferkette aufgrund von Corona sind nicht abgedeckt. Muss der Zulieferer aus China seinen Betrieb wegen Krankheit schließen, und der weiterverarbeitende Betrieb in Deutschland kann aufgrund von Lieferengpässen nicht mehr produzieren und absetzen, gibt es ohne tatsächlich vorhergegangenen physischen Sachschaden keinen Versicherungsschutz.
Gibt es denn hier aktuelle Aktivitäten am Versicherermarkt, eine Lösung zu schaffen?T. G.: Einige Versicherer befassen sich derzeit mit möglichen Erweiterungen der Sach-Betriebsunterbrechungsdeckungen auf Non-Damage-Business-Interruption Elemente. In diesem Fall ist eine Betriebsunterbrechung ohne vorausgegangenen Sachschaden versicherbar. Allerdings gehe ich hier nicht von einer schnellen Lösung aus. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Versicherer abwarten werden, bis die Auswirkungen des Virus absehbar sind.
Einige Versicherer kommunizieren auf ihren Internetseiten, dass die Betriebsschließung durch das Corona-Virus mitversichert ist, da die Krankheit am 01.02.2020 als meldepflichtige Krankheit im Infektionsschutzgesetz mit aufgenommen wurde. T. G.: Allerdings wenden sie sich hier überwiegend an bereits versicherte Unternehmen. Ihnen kommt der Umstand zugute, dass Corona inzwischen als meldepflichtige Krankheit im besagten Infektionsschutzgesetz aufgenommen wurde und sie damit sozusagen automatisch in den Versicherungsschutz gerutscht sind. Gleichzeitig verweisen diese Anbieter aber auch darauf, dass sie zurzeit keine Neuanträge bearbeiten oder Angebote abgeben. Und Voraussetzung für den Schutz ist immer eine behördlich angeordnete Schließung des Betriebs. Hier wäre die Frage, wann diese ausgesprochen wird.
Sollten Kunden diese Lösung nun in Betracht ziehen - wie sollten sie am besten vorgehen?T. G.: Sie sollten vor allem eine konkrete Vorstellung möglicher Betriebsunterbrechungs- oder -schließungsszenarien haben. In diesem Fall lässt sich anhand einer Betriebsunterbrechungsanalyse ermitteln, wie hoch der maximale finanzielle Schaden jeweils ausfallen würde, und man könnte so konkrete Versicherungssummen ermitteln. Mit diesen Informationen können wir auf die Risikoträger zugehen, um eine maßgeschneiderte Lösung für dieses oder auch andere sachschadenunabhängige Betriebsunterbrechungsszenarien zu erarbeiten. Jedoch sind diese Deckungen in der Regel so teuer, dass selbst Großunternehmen in der Vergangenheit eher von einer solchen Lösung Abstand genommen haben. Wir gehen auch davon aus, dass sich der Markt im Zuge der aktuellen Entwicklungen noch weiter verhärten wird.
Was können Unternehmen tun, um dieses - kaum versicherbare - Risiko für sich zu minimieren?T. G.: Hier kommt dem Risikomanagement von Unternehmen eine große Bedeutung zu. Generell sollte das Risikomanagement nicht vernachlässigt werden - denn die Mehrheit aller Unternehmensrisiken ist nicht versicherbar. Aufgabe des Risikomanagements ist es, Risiken so zu steuern, dass der Ernstfall möglichst nicht eintritt oder die Auswirkungen für das Unternehmen tragbar sind. Ziel in der jetzigen Situation muss es sein, im Rahmen des Business-Continuity-Managements geeignete Reglungen und Maßnahmen zu treffen, um für den Ernstfall die Betriebsfähigkeit des Unternehmens so gut wie möglich sicherzustellen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Gossler, Gobert & Wolters Gruppe (GGW Gruppe) ist einer der großen unabhängigen und inhabergeführten Industrieversicherungsmakler in Deutschland. Als Experte für integriertes Risiko- und Versicherungsmanagement betreuen die rund 290 Mitarbeiter der GGW Gruppe mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handel, Gewerbe sowie den rechts- und wirtschaftsberatenden Berufen. Deutschlandweit ist das Beratungshaus an neun Standorten vertreten und berät in Zusammenarbeit mit internationalen Netzwerken Kunden in über 60 Ländern.
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